Schneiden
Grundsätzlich ist das regelmäßige Einkürzen der Äste und Triebe deiner Bäumchen die wichtigste Gestaltungstechnik in der Bonsaipflege. Du musst dir allerdings auch darüber im Klaren sein, dass das Beschneiden einen ziemlichen Stressfaktor für deine Bonsais darstellt. Jeder Schnitt schwächt deinen Bonsai ein wenig und stellt ein potentielles Einfallstor für Krankheiten dar. Ein gesunder Bonsai hat damit in der Regel kein Problem, zumal die Pflanzen ja auch in der Natur Schnee- und Windbruch oder Wildverbiss kompensieren können. Ein schon geschwächtes Bäumchen kann dadurch aber erheblichen Schaden nehmen. Darum solltest du nur absolut gesunde und vitale Bäumchen beschneiden. Kränkelt oder kümmert ein Bonsai, dann hat seine Genesung absolute Priorität vor der Gestaltung.
Gestaltungsschnitt
Mit dem Gestaltungsschnitt legst du fest, welche Grundform dein Bonsai in der Zukunft haben soll. Nimm dir viel Zeit, um eine klare Idee zu entwickeln, wie dein Bäumchen in ein paar Jahren aussehen soll. Alle zukünftigen Gestaltungsmaßnahmen dienen dann dazu, diese Idee mehr und mehr Realität werden zu lassen. In der Erstgestaltung entscheidest du dich aber für eine grundsätzliche Richtung. Du bestimmst, welche Form der Stamm haben soll, welche Äste bleiben, welche werden weggenommen.
Formschnitt im Frühling
Der Frühling ist für den Bonsaigärtner immer eine spannende Zeit, weil sich dann zeigt, wie gut die Bäumchen den Winter überstanden haben. Davon hängt nämlich die weiter Pflege und Gestaltung für den Rest des Jahres ab. Nur gesunde Bonsais, die gut austreiben, bringe ich durch Schneiden und Drahten in Form. Dabei lasse ich bei meinen Outdoors den ersten Neuaustrieb relativ lange wachsen und schneide ihn erst um Mitte Mai kräftig zurück. Die Kalthausbonsai lasse ich auch normalerweise den Winter über unbeschnitten und lichte sie erst unmittelbar vor dem Ausräumen ins Freie aus. Da ich ihnen auf meiner Schlafzimmerfensterbank die eigentlich notwendige Winterruhe nicht zu hundert Prozent bieten kann, wachsen die Bäumchen über den Winter immer ein wenig, aber die Wintertriebe sind meistens eher schwach und spindelig.
Auch für die Indoors beginnt mit den länger werdenden Tagen die Hauptwachstumszeit und sie treiben stärker als im Winter. Bei ihnen ist der erste Formschnitt weniger an den Jahreszyklus gebunden, aber ich schneide sie immer um Ostern. Dann erholen sie sich in der Regel gut und können die intensiver werdende Sonneneinstrahlung und die höheren Temperaturen gut nutzen, um kräftig nachzuarbeiten.
Formschnitt im Spätsommer
Mit dem Spätsommer endet auch die Hauptwachstumsphase vieler Pflanzen, weil es langsam wieder kälter wird und die Tage kürzer werden. Viele meiner Bäumchen sind zu der Zeit immer etwas aus der Form geraten, weil ich sie den Sommer über nur sehr moderat oder gar nicht schneide. So kann der Austrieb aber reifen und es entsteht zum Hitzestress für die Bonsais nicht noch die zusätzliche Belastung durch grobe Schnittmaßnahmen. Ende August, Anfang September greife ich dann aber wieder zur Bonsaischere und kürze den Neuaustrieb wieder auf das gewünschte Maß. Das lässt den Bäumchen noch genug Zeit, sich bei günstigen klimatischen Bedingungen zu erholen, da Verletzungen jetzt noch schnell und gut heilen. Wenn die Bäumchen danach nochmal austreiben, so wird der Austrieb in der Regel kürzer und der Wuchs kompakter. Größere Äste sollten jetzt aber nicht mehr geschnitten werden. Man kann jetzt auch noch vorsichtig Zweige drahten. Das ist zwar vom Handling her etwas umständlicher als im Frühjahr, weil Blätter und diesjährige Zweige das Drahten behindern, aber dafür legt ein Bonsai in dieser Zeit viel langsamer an Umfang zu und dadurch wächst der Draht nicht so schnell in die Rinde ein.
Formschnitt im Spätherbst
Im Spätherbst bereite ich meine Kalthausbonsais für den Umzug ins Winterquartier vor, indem ich den Austrieb des laufenden Jahres nocheinmal dezent auf die Grundform einkürze und die Krone ein wenig auslichte. Gröbere Eingriffe wie Drahten oder ein Astschnitt erfolgen erst wieder im Frühjahr.
Meine Outdoors lasse ich im Herbst komplett in Ruhe, weil die Verletzungen nicht mehr richtig ausheilen würden.
Die Indoor-Bonsais kann man zwar ganzjährig gestalten, aber da auch sie in den dunkleren Monaten etwas langsamer wachsen, schneide ich sie nur, wenn sie völlig aus der Form geraten. Größere Schnittmaßnahmen verschiebe ich auch bei ihnen auf das nächste Frühjahr.